Bariatrische OP

in „Gewicht reduzieren“

Zu diesem Thema gibt es 23 Antworten

„Werne“ (Anonymer Beitrag)

Zitat aus dem anderen Beitrag aus dem Bereich Gesundheit:

"Vielleicht brauchen wir hier auch mal einen anonymen Austauschtread: Bariatrische OP 2 Jahre+: War es das wert? 2 Jahre, weil viele dann ja wieder dick sind, weil sich der Magen wieder gedehnt hat.

Ich würde so eine OP NIE NIE NIE machen, ohne begleitende Ernährungs- und Psychotherapie."

Zitat Ende.

Ich hoffe, dass es ok ist, dass ich das mal übernehme und mich gern zur Verfügung stelle um von meinen OP-Erfahrungen zu berichten.

Ich habe mich nach jahrelangem Zögern und innerer Verweigerung im Jahr 2021 doch zur OP entschieden. Es gab ein Schlüsselerlebnis für mich. Das war im Jahr 2019. Mein Mann und ich waren für eine kurze Reise nach Nürnberg gefahren. Es war unfassbar heiß in diesem Juni. In diesen Tagen habe ich erkannt, dass mein Körper am absoluten Limit ist. Nichts ging mehr. Game over. Im wahrsten Sinn des Wortes. Mein Mann, der immer sehr lieb diesbezüglich zu mir ist, meine: "Na ja, sowas machen wir dann in Zukunft nicht mehr. Du musst dich ja so quälen." Rums, das hatte gesessen. Er hatte zu 100% recht. Mit mir konnte und brauchte man sowas nicht mehr machen. Ich war fix und alle. Habe viel geweint in dieser Zeit. Wusste aber, dass es stimmte. Mein Körper konnte kaum mehr 200 m am Stück laufen. Dann musste ich mich setzen und ausruhen. Mir tat immer alles weh. Ich hatte dauerhaft unerklärliche Körperschmerzen. Kein Tag ohne enorme Mengen an Ibuprofen.

Ich wollte keine OP. Auf keinen Fall. Ich war zufällig eingebettet in einen Kollegenkreis wo schon etliche Kollegen die OP haben machen lassen. Ich hab ihnen beim Abnehmen zugesehen und sie beneidet. Keiner hatte Probleme. Alle haben schön abgenommen und man merkte sichtbar, wieviel Lebensqualität sie wieder gewonnen haben. Und dennoch war ich jahrelang nicht von der OP zu überzeugen.

Aber es ging rapide bergab mit mir und meinem Wohlbefinden. So kam es dann doch, wie es kommen musste. (wahrscheinlich) Im Oktober 2021 fand die OP statt. Ich habe einen Schlauchmagen erhalten und seit Prozessbeginn ca. 80 kg abgenommen.

Es war die beste Entscheidung meines Lebens. Ich wäre wirklich so ehrlich auch die negativen Seiten zu berichten. Aber in meinem Fall gibt es keine. Ich habe die OP super gut weggesteckt. Konnte 3 Wochen später wieder arbeiten. Ja, ich hatte enormen Haarausfall nach der OP. Habe ca. die Hälfte meiner Haare verloren. Aber die sind längst alle wieder da. Ja, ich muss täglich Vitamine nehmen, aber da ich mein Blutbild regelmäßig kontrollieren lasse, weiß ich inzwischen, dass ich längst nicht so viel einnehmen muss, wie oft von den Kliniken suggeriert wird. Außerdem reichen die Vitamine, die man in der Drogerie bekommt. Da muss man nicht das teure Zeug nehmen, was die Kliniken empfehlen.

Mir hat die OP unerwartet weitere schöne Geschenke mitgebracht. Ich hatte Migräne seit Kindertagen. Seit der OP ist sie weg. Ich hatte seit 3,5 Jahren keine Migräne mehr. Ich hab nicht mal mehr normale Kopfschmerzen. Die haben mich gefühlt mein Leben lang gequält. Von mindestens 800 mg Ibuprofen am Tag auf 0 runter. Ich benötige keine Schmerzmittel mehr. Mein restless Leg-Syndrom ist auch fast weg. Wieviele Nächte hat mich das gekostet. Heute tritt es nur noch ausgesprochen selten und allenfalls mal in einer Nacht ein ganz klein wenig auf.

Ich schnarche kaum mehr. Sehr zur Freude meines Mannes. Ich kann wieder auf dem Rücken schlafen. Und was für mich das allerbeste überhaupt ist: ich kann wieder laufen/gehen. Ich kann stundenlang gehen. Einfach nur durch die Gegend laufen, ohne mich setzen zu müssen. Ohne zu wissen, wann die nächste Bank kommt. Das ist ein besonders Glücksgefühl für mich.

Ich gehe 2 mal die Woche ins Fitnessstudio. Dort stelle ich mich zu Beginn immer erstmal eine Stunde aufs Laufband. Nur für meinen Kopf. Für das Gefühl, dass ich wieder gehen kann. Das ist unbeschreiblich.

Hätte ich die OP nicht gemacht, liefe ich heute sicher bereits am Rollator oder wäre beinahe immobil.

Ich hätte mich niemals von irgendwem überreden lassen. Nicht von Ärzten, nicht von bereits Operierten. Ich war von niemandem zu überzeugen. Bis der Tag kam, wo ich für mich selber keinen anderen Ausweg mehr wusste.

Ich ärgere mich heute manchmal, dass ich zu lange gezögert habe. Andererseits bin ich auch froh, dass es inzwischen in den Kliniken durchaus eine gewisse Routine gibt. Die OP´s verlaufen in der Regel gut und nur wenige Menschen habe echte Probleme nach er OP.

Ohne vorherige Ernährungsberatung und einem psychologischen Gutachten gibts die OP in DE auf Kosten der Krankenkasse übrigens nicht. Das muss jeder durchlaufen, der auf Kosten der Kasse operiert werden will. Auch ein Bewegungstagebuch muss geführt werden. Je nach vorhandenen körperlichen Möglichkeiten natürlich. Wer Fragen hat, kann sie mir gern stellen.

Übrigens: ja, der Magen kann sich wieder dehnen. Ist ja ein Muskel. Aber so schnell geht das nicht. Da müsste man schon sehr schmerzbefreit ständig gegen ein extrem ungutes Gefühl im Magen an-essen. Ich kriege zum Beispiel echte Magenprobleme, wenn ich es übertreibe. Die OP zwingt mich dann quasi dazu aufzuhören. Es wird echt unangenehm. Ich weiß nicht wie man gestrickt sein muss, um dieses Gefühl zu ignorieren. Ich kann das auf jeden Fall nicht. Einschränkungen beim Essen hab ich keine. Ich kann alles essen. Nur eben von allem deutlich weniger. Aber das ist nicht schlimm. Satt ist satt. Ob ich nun ein halbes Schnitzel oder ein Ganzes gegessen habe, spielt doch keine Rolle. Wenn ich voll bin und gut gegessen habe, dann spielt die Menge ja keine Rolle. Satt ist satt. So gehts jedenfalls mir damit. Mein Mann und ich gehen oft ins Restaurant und jeden Freitag ist "gönn dir Tag" bei uns. Da schlagen wir auch mal über die Stränge.

Also essensmäßig kann ich weiter gut und lecker essen. Ja, die Mengen sind komplett anders und man sucht sich ggf. auch immer ein Essen aus, wo man den Rest gut einpacken lassen kann. Aber ich muss mich da nicht sonderlich einschränken.

Für mich war es die absolut richtige Entscheidung. Wer sich dagegen entscheidet, hat selbstverständlich jedes Recht dazu. Glaubt mir, ich kenne eure Gefühle und Vorurteile. Ich hatte sie selber lange und dachte nie, dass sie je über Bord werfen könnte. Ich stelle das Thema anonym hier ein zu eurem Schutz. Aber ich bin die Tuppi Schleife.

Habt ein schönes Wochenende.

„Dülmen“ (Anonymer Beitrag)

Ich freue mich sehr für dich. Das ist eine wunderschöne, lebensverändernde Erfahrung, die dir keiner nehmen kann. Und ich wünsche dir, dass es lange so bleibt.


Zugleich möchte ich aber bitten zu bedenken, dass das eine Situation war, für die die OPs wirklich gedacht sind: nämlich wenn es keinen anderen Ausweg gibt. Die Situation sehe ich bei der TE im Parallelthread nicht.

Und, wenn du von "Vorurteilen" sprichst, damit aber eigentlich Ängste und Bedenken meinst, entwertest du nicht nur die Gefühle und Gedanken anderer, sondern auch deine eigenen vor der OP. Du weißt, dass es nicht immer so gut ausgeht, dass Menschen auch anderes durchleben, als den Idealfall bei dir? Dass das nicht daran liegt, dass sie alles falsch gemacht und du alles richtig, sondern daran, dass jeder Körper anders und auch jede psychische Verfassung anders ist?

Mich erstaunt die Extreme. Ich würde keine OP ausschießen, ich weiß nicht, was noch kommt, aber ich würde auch nicht zurückblicken und so tun, als sei mein Zögern unbegründet und albern gewesen, nur weil ich das Glück und die Voraussetzungen hatte, dass bei mir alles gut ging.

„Korbach“ (Anonymer Beitrag)

Werne, danke für deinen offenen Beitrag. Ich hoffe, dass sich noch mehr trauen von ihren Erfahrungen zu berichten ohne sich dann von Dülmen "belehren" lassen zu müssen. Natürlich ist jeder anders (Wundheilung, Immunsystem, Schmerzempfinden, psychische Verfassung/Gesundheit...usw) und auch aus unterschiedlichen Gründen dick.
Und ich finde es gut, dass Rubensfan jetzt endlich auch Themen rund um Gewichtsreduzierung zulässt.

Mir wurde auch schon mehrfach die OP empfohlen und bis dato habe ich es für mich komplett ausgeschlossen, einen gesunden Magen "verkrüppeln" zu lassen. Vor der OP selber habe ich keine Angst, aber vor den Begleiterscheinungen wie Haarausfall, Hautüberschuss und lebenslanger Nahrungsergänzung. Ich habe 2 Damen im Bekanntenkreis, die die bariatrische OP nahezu komplikationslos hinter sich gebracht haben. Und ich beäuge sie kritisch und nicht neidlos.
Ich kenne aber auch 3 Damen, die sich mit dem Leben nach OP nicht so wirklich arrangieren können. Denn die Hoffnung : "Wenn du schlanker bist ist alles gut und du bist glücklich" ist nicht aufgegangen. Vorhandene psychische Probleme bleiben ja im erschlankten Menschen bestehen.

Ich denke es ist sinnvoll, derartige OP s nicht erst machen zu lassen, wenn der Allgemeinzustand dramatisch schlecht ist, sondern schon etwas früher. Präventiv. Um Spätschäden zu vermeiden.
Ich werde hier interessiert mitlesen und hoffe auf noch mehr Erfahrungsberichte.

„Werne“ (Anonymer Beitrag)

Natürlich weiß ich, dass es Menschen gibt, die Probleme haben. Ich muss nur sagen, dass ich davon keinen persönlich kenne. Und der Zufall will es, dass ich wirklich inzwischen viele Operierte kenne. Ich glaube, das kommt auch daher, dass ich neben einigen operierten Arbeitskollegen auch in vielen entsprechenden Gruppen im Internet aktiv bin.

Ich weiß nicht, wie ich noch persönlicher schreiben kann ohne, dass jemand sich berufen fühlt, zu belehren. Aber ich find das auch nicht schlimm. Das Thema ist nun mal kontrovers. Dessen bin ich mir bewusst und, dass ggf. nicht nur nette Kommentare kommen, war mir durchaus klar. Aber ich stelle mich dem gern.

Mir war einfach wichtig, mal meine Erfahrung damit zu erzählen. Ich spreche übrigens niemandem seine Sorgen und Ängste ab. Ich hoffe es ist ausreichend rübergekommen, dass ich selber viele Ängste hatte. Und auch viele Vorurteile. So dachte ich zum Beispiel wirklich lange, dass das Abnehmen mit der OP doch keine Kunst sei. Das wäre ja mehr oder weniger ein Selbstläufer. Da müsse niemand besonders stolz auf seine Leistung sein. Mit meinem heutigen Wissen weiß ich, dass dies eine komplette Fehleinschätzung meinerseits war. Aber ich wusste es eben nicht besser, ehe ich nicht selber diesen Weg gegangen bin.

Ich weiß übrigens nicht, ob es für mich noch einen anderen Weg gegeben hätte. Ich selber hab nur keinen anderen Weg mehr für mich gesehen. Ich denke, das ist ein Unterschied. Letztendlich finde ich alle Wege legitim, die dazu führen, dass Menschen, die ihr Gewicht loswerden wollen, Hilfe erhalten. Egal ob das die OP ist, WW oder die Spritze. Ich verurteile da keine Möglichkeit. Jeder sollte seinen Weg finden. Unabhängig davon, ob das ggf. auch der Weg der Anderen wäre.

„Liestal“ (Anonymer Beitrag)

Hallöchen in die Gruppe.
Ich habe 2007 einen Bypass bekommen.
Ich will jetzt gar nicht ins Detail gehen, aber was mir auffällt ist, dass im Netz fast nur die erfolgreichen Operierten schreiben. Die OP "Versager" kaum.
Das wurde mir auch schon von einer Chirurgin bestätigt.
Ebenso, dass mehr als die Hälfte aller Operierten wieder zunehmen. In welchem Maß ist unterschiedlich.
Ich z.B. kam von ca 155kg. Ich habe es nie unter 100 geschafft. Lange Zeit habe ich ein Gewicht von um die 110kg halten können. Bis es dann kontinuierlich auf über 130 kg stieg. Da ich dann auch mittlerweile die 50 überschritten hatte und bereits Arthrose habe, wurden die 130 kg unerträglich.
Ich habe dann mit striktem tracken (Yazio) erst 10 kg abgenommen, dann habe ich mir Hilfe in Form von Saxenda gekauft und damit plus weiteres tracken auf unter 110 kg abgenommen.
Im Moment "gönne" ich mir Mounjaro und bin zur Zeit bei 102 kg. Ich finde es soooo unglaublich entspannt mit dem Medikament nicht mehr dieses Gedanken Karussell zu fahren, was esse ich als nächstes. Food noise, nennt man das wohl.
Allerdings habe ich Sorge wie es ohne dem weiter gehen kann.

„Dülmen“ (Anonymer Beitrag)

"Ich will jetzt gar nicht ins Detail gehen, aber was mir auffällt ist, dass im Netz fast nur die erfolgreichen Operierten schreiben. Die OP "Versager" kaum. "



Ich kann dir sagen warum das so ist, eben weil sie als "Versager" gesehen werden, wie du selbst schreibst. Da ist es auch schon egal, ob das Wort in Anführungsstrichen steht.

Einerseits wird gefordert, Adipositas als Krankheit zu behandeln. Ich kenne aber andererseits keine andere Krankheit, bei der man als Versager zählt, wenn die Therapie nicht hilft.

Oder sind Menschen, bei denen die Chemo nicht greift Krebs-Versager?

Statt zu schauen, warum eine Therapie nicht funktioniert - eben weil man Ursachen vielleicht nicht genau genug angesehen hat zum Beispiel - ist es natürlich - gerade bei solch extremen Eingriffen - sehr bequem, wenn der Patient die Schuld vorauseilend auf sich lädt und vor Scham schweigt.

Und im Netz werden warnende Stimmen, dann auch schnell als "neidisch" abgestempelt oder sie "haben Vorurteile" oder "Angst" oder "belügen sich", oder es sind die "Versager" die einfach alles nur falsch gemacht haben.
Zudem will keiner hören, dass der letzte Ausweg auch wieder kein Ausweg ist, dass es diese Möglichkeit gibt.

Dazu kommt, dass gerade in den Anfangszeiten (heute vielleicht auch noch) diese OPs im Netz gehypt wurden und Influencerinnen, die ihre Follower an ihrer Adipositas-OP teilhaben ließen, im Hintergrund dafür bezahlt wurden, möglichst begeistert zu berichten. Sie waren schlicht in Knebelverträgen gebunden, nur die guten Seiten zu beleuchten und nicht wenige der frühen Jahre sind irgendwann spurlos aus dem Netz verschwunden.

Ähnlich ist es mit den sogenannten "Selbsthilfegruppen" zum Thema, die der Definition nach gar keine Selbsthilfe-gruppen sind, weil sie in Wirklichkeit durch Kliniken finanzierte Fremdhilfe sind. Finanziert, weil finanzielle Interessen dahinterstehen und die wirklichen, privat initiierten Selbsthilfegruppen im Bereich Adipositas systematisch platt gemacht wurden.

Lebenslanger internalisierter Hass auf den eigenen dicken Körper tut sein weiteres.


Es gibt Menschen, denen die OPs helfen, aber diese Operationen sind schon auch ein sehr, sehr lukratives Geschäft. Ein Geschäft, dass angenehmerweise für die Ärzte in der Regel weitere lukrative OPs nach sich ziehen, das sollte man niemals vergessen und immer wieder ganz genau hinschauen. Das Drumherum ist oftmals von Methoden geprägt, die an Sekten erinnern.

„Liestal“ (Anonymer Beitrag)

Oh, bitte nicht falsch verstehen.
Das Wort "OP Versager" habe ich nicht erfunden. Das wurde mir so selbst mitgeteilt. Ich bin völlig bei dir, diejenigen, wie auch mich selbst, nicht als Versager zu sehen.
Die OP hat versagt, nicht der Mensch.

„Dülmen“ (Anonymer Beitrag)

Ich habe nicht gesagt, dass du es erfunden hast und habe dich schon richtig verstanden.
Du bist ja eine oder einer der Leute, die so offen sind von fehlendem Erfolg zu berichten.
Dennoch zeigt ja die Verwendung des Wortes ja, dass Leute es leider genau so sehen.
Die Stille hier beweist auch, welches Stigma auf dem vermeintlichen "Versagen" liegt.

Ich finde auch nicht, dass die OP versagt hat, sondern das System drumherum. Ich bekomme nicht selten mit, dass die Nachversorgung oftmals sehr dürftig ist. Die Leute werden im Vorhinein begleitet und bis zur OP gecoacht. Wenn Geld zu machen ist, ist die Unterstützung groß, hinterher stehen viele alleine da und wenn es Schwierigkeiten gibt, wird ihnen noch die Schuld in die Schuhe geschoben.
Es gibt eine bekannte Dokumentation über Adipositas Chirurgie, bei der ein recht bekannter Chirurg von einem Kamerateam begleitet wurde. Eine Szene zeigt, wie er während einer OP darüber reflektiert, welche Funktion diese Art von OPs erfüllen. Er sagtman hätte die gleiche Wirkung, wenn man die Patienten einsperren würde und ihnen täglich keine Portionen durch ein Fensterchen reinreichen würde, aber das ginge eben aus ethischen Gründen nicht. Deshalb gäbe es die OPs.
Da hat jemand auf ganz vielen Ebenen Übergewicht, dessen Ursachen und auch die psychischen Folgen nicht verstanden. Tragischerweise ist diese Person für Hunderte von übergewichtigen Patienten die vermeintlich "letzte Rettung".
Mich stößt die Adipositas Chirurgie Industrie ab. Den Vorwurf mache ich nicht den Menschen, die die Lösung für sich selbst in diesen OPs sehen, sondern allen, die sich dumm und dämlich daran verdienen und dabei oft nicht besonders genau hinsehen, ob diese Lösung wirklich ein Weg für das wandelnde Dollarzeichen vor ihnen passt.

„Weinstadt“ (Anonymer Beitrag)

Ja, im Endeffekt geht es bei diesen OPs primär ums Geld verdienen. Ganz oft sind "Adipositas Zentren" ja einfach chirurgische Praxen in der gelegentlich auch mal ne Ernährungsberatung vor Ort ist - an guten Tagen.

Es fehlt wirklich die ganzheitliche medizinische Beratung zu dem Thema. Hausärzte sind oft z.B. nicht kompetent genug, um viel Ahnung von Hormonen zu haben, die beim Gewichtsthema ja auch eine große Rolle spielen. Diabetologen sind spezialisiert und schon ganzheitlicher, kommen aber auch erst ins Spiel, wenn man schon ein großes Problem mehr (Diabetes) hat.

Was man als Mehrgewichtiger eigentlich bräuchte, ist da einen Coach durch den Jungle der verschiedenen Fachrichtungen durchlotst und dann "Case Manager", die einen persönlich betreuen, die gesetzten Ziele basierend auf der eigenen Lebenssituation zu erreichen. Die eben vielleicht auch wissen, was an Sport geht etc., die helfen beim Thema Accountability etc..

In den USA gibt es sowas, in der Türkei wohl auch. Aber in Deutschland ist man immer ein Versager und fällt durchs Raster. Die wenigen spezialisierten Ärzte sind völlig ausgebucht.

Für ~20% der Bevölkerung ist Gewichtsmanagement harte Arbeit. Gibt halt aber auch viele, die natürlich relativ schlank sind, ohne viel dafür zu tun.

„Rhein-Kreis Neuss“ (Anonymer Beitrag)

Gewicht reduzieren ist nunmal harte Arbeit, das muss man selbst wollen, egal auf welche Art und Weise. Dafür muss sich jeder selbst entscheiden und auch was dafür tun.
Das Angebot der Möglichkeiten ist und wird immer größer, jeder kann für sich selbst herausfinden welchen Weg er gehen kann und vor allem will.

Natürlich ist es ein Geschäft mit dem Geld verdient wird, das ist es in allen Bereichen und Lebenslagen und vor allem in der Lebensmittelindustrie, die uns jeden Tag belügt.

Mein Weg...
Das Thema Übergewicht ist seit der Kindheit ein täglicher Begleiter und wird es auch immer bleiben.
Wenn ich zurückdenke fühlte ich mich ganz oft als Versager. Nach jedem nicht Widerstehen können, nach jeder gescheirerten Diät, nach jeder mir angebotenen Hilfestellung durch Kurse, Rehas, psychologischer Beratung.
Mit dem Thema bariatrischer OP beschäftigte ich mich das erste Mal 2018, weil mein gesundheitlicher Zustand durch das Übergewicht und zunehmendem Alter schlimmer wurde. Ich war immer aktiv im Rahmen der Möglichkeiten. Fakt war, mein Körper konnte die Kilos nicht mehr tragen. Mein Hausarzt machte mich immer wieder auf die Möglichkeit der OP aufmerksam und ich machte einen Termin in der Klinik, die er vorgeschlagen hatte.
Ein langer Weg mit Erstberatung und Terminvereinbarung in eigener Regie bei der Ernährungsberatung, psychologischer Beratung, Untersuchungen in der Endokrinologie, etc. begann. Dieser Weg ist Pflicht hier in Deutschland. Um so mehr ich in dem Thema drin war, um so mehr Panik bekam ich. Wie wenn mir jemand was wegnehmen würde, ich was abgeben müsste und zwar das Essen, das mich jahrelang als Tröster und Retter begleitet hat. Deshalb war damals meine Entscheidung, eine OP kommt für mich nicht in Frage.
Motiviert sagte ich meinen Pfunden den Kampf an, 28 Kilo runter und noch schneller wieder rauf. Stress pur für den Körper und für mich.
Das Thema Gewichtreduktion war tabu, bis Mitte 2023. Da erreichten die Folgekrankheiten des Übergewichts wieder einmal einen Höhepunkt. So wollte und konnte ich nicht weiter machen. Motiviert vereinbarte ich einen Termin in der Klinik und vorsorglich auch gleich bei den weiteren mir bekannten Fachbereichen. Der Arzt war erfreut mich wiederzusehen, auf seine Kommentare hätte ich verzichten können. Auch alle weiteren Termine liefen nicht zufriedenstellend. Die Teilnahme an der Selbsthilfegruppe, die es mittlerweile gab, waren auch nicht motivierend,
Das End von dieser Odyssee, die Krankenkasse lehnte eine OP ab.
Versagt!?

Was mich weiter motivierte, war der Rehasport, die dadurch einigermaßen erlangte Beweglichkeit und Menschen, die ich auf dem eingeschlagenen Weg kenngelernt habe.
Der Tipp es in einer anderen Klinik zu versuchen war ein Glückstreffer.
In dieser Klinik lernte ich eine Einigkeit kennen, ein Zusammenspiel der einzelnen Abteilungen, eine regelmäßige Beratung und Betreuung von Ärzten, den Therapeuten und Betroffenen.
Selten, dass jemand so Hand in Hand arbeitet und auch funktioniert.
Der Arzt sagt deutlich, das er damit sein Geld verdient, aber die Leistung erbringt er und erwartet sie. Einmal im Monat ist Selbsthilfegruppe und die ist auch für ihn Pflicht.

Meine OP ist mittlerweile 8 Monate her, sie ist ein Weg, eine Hilfestellung, für die man sich entscheiden kann.
Die Entscheidung muss jeder selbst treffen, den Weg muss jeder selbst gehen, herauszufinden, was einem wirklich wichtig ist. Eine gewisse Stabilität ist Voraussetzung, weil Rückschläge sind vorprogrammiert, die muss man hinnehmen, lernen damit umzugehen und weiter machen, das ist wichtig.

„Werne“ (Anonymer Beitrag)

Zu einem Endokrinologen musste ich nicht. Das gehörte bei mir nicht zu den Voruntersuchungen. Ich musste zum Psychologen und zur Magenspiegelung und außerdem ein Bewegungstagebuch und eine Ernährungsberatung absolvieren. Außerdem für glaube 3 Wochen ein Ernährungstagebuch führen. Alles wurde aber über das Adipositas-Zentrum organisiert.

Es gibt leider keinen echten roten Faden in Deutschland. Jede Klinik macht das etwas anders. Die einen operieren ohne Zusage von der Krankenkasse, die anderen nicht. Wieder andere machen es vom BMI abhängig.

Manche Patienten müssen das psychologische Gutachten selber zahlen, andere nicht. Manche müssen sogar zur Ernährungsberatung zuzahlen, andere nicht.

In meinem Fall war alles komplett kostenlos und die OP fand ohne Kostenzusage der Krankenkasse statt. Auch die Eiweißphase vor der OP ist überall etwas anders. Es gibt sogar Leute, die hatten gar keine. Manche bekamen schon im Krankenhaus nach der OP wieder feste Nahrung wie weiches Brot oder Joghurt, andere wie ich zum Beispiel, dürfen 3 Wochen nur Flüssignahrung zu sich nehmen.

Es ist wirklich schlecht, dass es in Deutschland keine festgelegten Abläufe gibt. Da muss jeder sehen, wie es bei ihm gehandhabt wird.

„Weinstadt“ (Anonymer Beitrag)

Zu einem Endokrinologen würde man jemanden schicken, um abzuklären, ob seine Nicht-Abnahme/Zunahme nicht auch hormonelle Ursachen haben kann. Sie ist zur OP-Vorbereitung nicht zwingend notwendig, aber halt absolut sinnvoll um zu klären, ob eine OP überhaupt der richtige Weg ist.

„Korbach“ (Anonymer Beitrag)

Nachdem jeder Mensch anders ist, seine eigene Krankengeschichte mitbringt, muss auch die Vorbereitung und Therapie individuell angepasst sein.
Das starre Schema Adipositas 0815 gibt es halt nicht.
Nachdem die Krankenkassen die OPs und Nachbehandlung bezahlen müssen denke ich nicht, dass es hier eine Preisspirale gibt wie in der Schönheitschirurgie oder bei "Diätprodukten" wie Drinks und Medikamenten/Nahrungsergänzungen.

„Weinstadt“ (Anonymer Beitrag)

Kliniken/Ärzte haben halt ein hohes Interesse daran, diese OPs effizient abzuwickeln, weil sie mehrere tausend Euro an den OPs verdienen. Das können schon mal 3000€ für eine 60min OP für den operierenden Chefarzt sein. Krankenhauskosten, -vorbereitung etc. kostet nochmal alles extra. Das sind schon für die Kassen insgesamt schnell mal >10K pro Fall (je nach OP Methode) und für Privatpatienten liegen die Kosten noch höher. Selbst bei Kassenpatienten bleiben im Durchschnitt noch 2000-3000€ Gewinn für die Klinken "hängen". Damit sind diese Eingriffe überdurchschnittlich attraktiv für Kliniken und Operateure.

Deshalb ist es schon gut zu hinterfragen: Ist die OP-Vorbereitung effizient d.h. zwar kurz, aber zu mir passend, oder macht man sich es (zu) einfach. Man sollte sich auf jeden Fall nicht wundern, warum einem ständig zu diesen OPs geraten wird und sich gut über die Risiken, Rückfallquoten bzw. auch darüber was man selbst zu tun muss, um mitzuhelfen und Rückfälle zu vermeiden, informieren. Und auch fragen, was die Klinik an Nachsorge anbietet, weil die ist total wichtig, aber für die Kliniken nicht lukrativ. Eine gute Klinik, die das Patientenwohl im Auge hat, würde sie trotzdem anbieten.

„Weil am Rhein“ (Anonymer Beitrag)

Wie sieht es eigentlich aus, wenn man Eßstörungen in der Vergangenheit hatte ???

Früher war das ein Kriterium, weshalb die Krankenkasse die OP nicht finanzierte.

Gefühlsregulation über Essen fällt ja dann weg bzw sorgt für eine höhere "Versager- Quote " .

„Rhein-Kreis Neuss“ (Anonymer Beitrag)

Eßstörungen werden durch eine bariatrische OP nicht behoben, auch nicht weggezaubert. Darüber sollte sich jeder klar sein. Deshalb ist auch eine psychologische Untersuchung und Ernährungsberatung vorher ein Muss.

Sich in Selbsthilfegruppen austauschen, kann helfen.

Emotionales Essen hat fast jeder Mensch und wurde uns in die Wiege gelegt - Belohnungseffekt.
Es ist ja auch ein zu gutes Gefühl, sich zu belohnen. In Maßen ist es erlaubt, ja auch nach der OP, sofern man es regulieren kann und als Ausnahme zulässt.
Sich mit dem eigenen Körper zu beschäftigen und einen Ausgleich dafür zu finden ist eher ratsam.

„Weinstadt“ (Anonymer Beitrag)

Ich glaube, wenn man immer noch unter Essstörungen leidet, sollte man sich zuerst darauf fokussieren, die in den Griff zu bekommen.

Es gab doch mal diese Show "Bibi & Rolli", in der sich beide einer OP unterzogen haben und mit der Kamera begleitet wurden und eine/einer von beiden, fing dann nach der OP an flüssiges Eis zu trinken, weil der psychische Zwang zu essen eben immer noch da war. (Ist alles schon lange her, ich habs nur grob in Erinnerung, weil ich "WTF?!!!" dachte.)

Man kann auch OPs austricksen und wenn man dagegen arbeitet, ist man nach 2 Jahren wieder nahe am Ausgangsgewicht.

„Dülmen“ (Anonymer Beitrag)

"Natürlich ist es ein Geschäft mit dem Geld verdient wird"

Warum sollte das natürlich sein?
Das Gesundheitswesen beruht bei uns eigentlich auf dem solidarischen Prinzip und sollte nicht Teil des Kapitalismus sein. Wer es "natürlich" findet, dass das eigene Leben und die körperliche Unversehrtheit von marktwirtschaftlichen Entscheidungen abhängen, also nicht davon, dass es für den Patient das beste ist, sondern ob es dem Behandler mehr Geld einbringt, sollte in sich gehen und diese Sicht überdenken.

„Dülmen“ (Anonymer Beitrag)

"Nachdem die Krankenkassen die OPs und Nachbehandlung bezahlen müssen "


Die Krankenkassen müssen mitnichten die "Nachbehandlungen" wie z.b die Entfernung überschüssiger Haut bezahlen.
Das ist ein Missverständnis.

„Korbach“ (Anonymer Beitrag)

Nachbehandlung zahlt die Kasse sehr wohl. Die Chirurgisch/Gastroenterologische Nachbehandlung nach OP.
Nicht die plastische Chirurgie. Die ist Folgebehandlung.
Das ist ein Unterschied.

„Rhein-Kreis Neuss“ (Anonymer Beitrag)

... eigentlich auf dem solidarischen Prinzip und sollte nicht Teil des Kapitalismus sein,
du schreibst es selbst
... eigentlich und sollte.

Unser Gesundheitssystem ist das leider in der heutigen Zeit nicht mehr, vor allem durch die Privatisierung.
Zu viele Finanzinvestoren mischen mit und denen geht es nicht um das Patientenwohl, sondern um Gewinne.

„Werne“ (Anonymer Beitrag)

Werden Debatte in diese Richtung eigentlich auch geführt, wenn jemand erzählt, dass er neu Kniegelenke oder eine neue Hüfte bekommt?

„Heidekreis“ (Anonymer Beitrag)

Danke ! Das ist ein echt guter Beitrag Werne . Werde in den nächsten Tagen einen thread aufmachen, der sich mit Hüft TEP befasst. Inzwischen allen anderen Usern - Danke für den informativen und offenen Austausch betreffend bariatrischen Operationen.

„Dülmen“ (Anonymer Beitrag)

Wer Verstand und alle Sinne beieinander hat, sollte diese "Debatte" immer führen, Werne. Bei jeder Entscheidung bezüglich des eigenen Körpers und der eigenen Gesundheit.


Denn nicht immer ist die radikalste Lösung nötig oder richtig. Sie kann richtig sein, muss es aber nicht bei jedem anderen dann auch sein.
Wenn man es nicht mal erträgt, das auf dem Papier vorgedacht zu bekommen, und es besser fände, wenn einem einfach jeder kritiklos zustimmt - das ist ein Alarmsignal.

Beispiel aus einem anderen Bereich: